Dass der Mensch das Schwein vor 11.000 Jahren domestiziert hat, ist nicht weiter verwunderlich, verbinden Mensch und Paarhufer doch ähnliche körperliche Laster und Vorlieben: Beide schlafen viel, paaren sich im Durchschnitt 20 Minuten lang und sind Allesfresser, die weit über ihre Sättigungsgrenze hinaus essen können. Das Trüffelschwein ist dem Menschen besonders in seiner Leidenschaft für die edlen Knollenpilze verbunden – eine Partnerschaft, die dem Tier viel Altruismus und Leidensfähigkeit abverlangt. Zum Trüffelschwein taugt allein die geschlechtsreife Sau, nur sie kann den betörenden Duft der Trüffel auch dann noch riechen, wenn der Pilz einen halben Meter tief unter der Erdoberfläche liegt. Denn der dominante Duftstoff der Trüffel unterscheidet sich nur unwesentlich vom Sexualduftstoff des Ebers. Drei Milliarden Riechsinneszellen in der Schweinsnase lösen im Schweinshirn Erinnerungen an wilde Schäferstündchen aus, und das Tier beginnt enthemmt, nach dem Verursacher solcher Wonne zu graben. Doch kaum ist die Trüffel freigelegt, schlägt der menschliche Arbeitgeber erbarmungslos zu und bringt die Trüffelsau um ihre Beute: Noch bevor sie den teuren Pilz verzehren kann, verkanntet der Trüffelbauer einen Maiskolben im Schweinemaul. Und weil der auch nicht übel schmeckt, begnügt sich das Tier mit der Ersatzbefriedigung – immer in der Hoffnung, beim nächsten Mal doch noch zum Zug zu kommen. Diese Veranlagung wird dem Trüffelschwein nun zusehends zum Verhängnis, verwenden viele Bauern doch inzwischen speziell abgerichtete Hunde, die die Trüffel zwar erschnüffeln können, an ihrem Verzehr jedoch kein Interesse zeigen. Aber traditionsbewusste Trüffelbauern halten trotz hündischer Konkurrenz zum Schwein: Erstens, weil die Schweinenase die Hundenase in puncto Riechleistung um Längen schlägt. Und zweitens, weil das Schwein nicht einfach nur Befehle ausführt, sondern bei der Trüffelsuche vom gleichen Motiv geleitet wird wie der Mensch: Leidenschaft. Nach Feierabend wartet dann auf beide der Lohn eines harten Arbeitstages: Der Bauer bekommt sein Trüffelomelett, die Sau einen waschechten Eber. Alena Schröder