Kurz & bündig

- Längerdauernde Stromausfälle sind auch in der Schweiz nicht auszuschliessen.
- Es kann zu schlimmen Folgen bei den Tieren kommen.
- Ein Zapfwellen-Generator ist eine günstige Lösung, um einen Stromausfall zu überbrücken.
- Die Leistung des Generators ergibt sich aus der Summe der anzuschliessenden elektrischen Maschinen und Geräte.
- Regelmässiges Üben mit dem Generator gibt Sicherheit im Notfall.
- Der Netzstromschalter muss Netz- und Notstrom vollkommen trennen.

Wer heutzutage Kühe melkt, braucht Strom. Erst recht, wenn er wie Adrian Sager, Landwirt auf dem Tobelackerhof in Buch bei Frauenfeld im Kanton Thurgau, mit einem Melkroboter arbeitet. «Das Schweizer Stromnetz ist nicht so sicher, wie man denkt», sagt der Landwirt. Sein Zapfwellen-Generator hat ihm schon über manchen Stromausfall hinweg geholfen.

Nicht immer laufen Stromausfälle glimpflich ab

In der Regel sind es kurze Stromausfälle auf Grund von Blitzschlag, die meistens nicht länger als eine Stunde dauern. Doch es könnte auch zu längeren Stromausfällen kommen. Das liess sich Sager von einem Mitarbeiter des Zivilschutz-Krisenstabes im Kanton Thurgau sagen. Nämlich dann, wenn das europäische Stromnetz überlastet ist und der Strom einer ganzen Region abgeschaltet werden muss.

Das ist in der Schweiz noch nicht vorgekommen, aber es hätte schon nicht mehr viel gefehlt. Vor allem haben dem Landwirt die Erfahrungen von Berufskollegen im Norden Deutschlands zu denken gegeben. Dort fielen im Winter 2017 wegen Eisregens Strommasten um, und die Stromversorgung fiel gebietsweise während Wochen aus. Auf manchen Höfen wussten sich die Bauern nicht mehr zu helfen. «Die Kühe schrieen und es kam zu Abgängen», hat der Landwirt von deutschen Bauern gehört.

Den Leistungsbedarf für eine Notstromanlage abklären

Sager melkt seit 2013 mit einem Melkroboter. Für ihn steht fest, dass so etwas bei ihm nicht passieren darf. Zwar gibt es bei der Zivilschutzanlage Notstromanlagen, aber die werden im Notfall zuerst für Spitäler und für andere wichtige Stromversorgungen gebraucht.

«Eine eigene Solaranlage nützt da auch nichts», hält der Landwirt fest. Denn meistens kommt es in der Nacht zu Stromausfällen. Er liess sich deswegen vom örtlichen Elektriker einen zapfwellengetriebenen Stromgenerator offerieren. Dazu stellten die beiden zusammen eine Liste mit allen elektrischen Anlagen auf. Angefangen vom Melkroboter, über die Milchkühlung, die Schieberentmistung bis zur Silofräse und kamen auf einen erforderlichen Gesamtleistungsbedarf für den Landwirtschaftsbetrieb von rund 43 kW (siehe Tabelle).

Reserve für spätere Investitionen eingerechnet

Für die Anlagen, die im Dauerbetrieb arbeiten, würden 26 kW genügen. Würde Sager die Leistung des Generators danach ausrichten, liessen sich allerdings keine weiteren Geräte dazu schalten. Ein 50 kW Generator müsste genügen, um auch die elektrischen Geräte im Haushalt mit Strom zu versorgen, empfahl der Elektriker.

Sager entschloss sich allerdings für den Kauf eines 60 kW Generators, um auf der sicheren Seite zu sein und um über eine Reserve für spätere Investitionen zu verfügen. Der Preisunterschied zwischen einem 50 und 60 kW-Generator war ausserdem gering. Zum Antrieb eines 60 kW-Generators braucht es einen Traktor mit mindestens 70 PS, hat der Elektroinstallateur berechnet. Auf dem Betrieb von Sager sind ein Traktor mit 130 PS und einer mit 90 PS vorhanden.

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Bei einem Stromausfallmuss jeder Handgriff sitzen

Sager ist jemand, der nichts dem Zufall überlässt. Zwei Mal im Jahr übt er zusammen mit seinem Lehrling das Vorgehen bei einem Stromausfall. «Das machen wir generalstabsmässig», schmunzelt der Meisterlandwirt. «Jeder Handgriff muss sitzen.»

Innerhalb von 15 Minuten ist der Generator zur Stelle, an der Traktoren-Zapfwelle angehängt und an das Notstromkabel angeschlossen. Der überdachte Platz vor dem alten Milchzimmer mit dem Netzstromschalter ist ideal zum Aufstellen des Notstromaggregats, denn zu einem Stromausfall kommt es meistens bei einem Gewitter und kräftigem Regen.

Der Netzstromschalter ist zum Schutz vor falscher Handhabung mit einem Sicherheitsschloss arretiert. Sager öffnet das Schloss und bringt den Schalter auf Nullstellung. Das Lämpchen «Netzspannung vorhanden» erlischt. Dann setzt er die Zapfwelle des Traktors in Betrieb und fährt den Generator auf Touren. Jetzt den Schalter in Stellung «Notstrombetrieb». Das Lämpchen «Notspannung» leuchtet auf.

Netz- und Notstrom müssen immer völlig voneinander getrennt sein. Es könnte fatale Folgen haben, würde Notstrom ins Netz gelangen. Auf einem in Folie eingeschweissten Blatt ist die Anleitung geschrieben, damit auch eine Vertretung weiss, wie im Notfall vorzugehen ist.

 

 

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Die Verbraucher werden nacheinander zugeschaltet

Sager lässt die Zapfwelle mit 750 Umdrehungen/Min. laufen und den Motor eher auf tieferen Touren mit 1300 bis 1400 Umdrehungen/Min. So läuft der Motor ruhiger; Dieselverbrauch und Kraftübertragung werden optimiert. Wenn das Notstromaggregat arbeitet, muss immer jemand in der Nähe sein, betont Sager. Da die Frequenz des Generators bei 50 bis 51 Hertz liegen muss, ist gelegentliches Nachjustieren der Traktorleistung erforderlich. Darauf ist vor allem dann zu achten, wenn neue Verbraucher zugeschaltet werden. Nicht alle auf einmal, sondern nacheinander zuschalten.

Eine Stunde lang lässt der Landwirt den Generator bei einer Übung laufen. So entweicht Feuchtigkeit aus dem Generator, die eventuell bei der Lagerung in das Gerät eingedrungen ist. Der Landwirt muss keine Sorge haben, dass er bei einer Übung Daten des Melkroboters verliert, denn dieser speichert diese automatisch.

Mit dem Notstromaggregat aufs richtige Pferd gesetzt

«Warum hast Du Licht gehabt?», habe ihn ein Nachbar gefragt, nachdem es in der Nacht im Dorf zu einem vierstündigen Stromausfall gekommen war, erzählt der Landwirt. Wie erwähnt ist auch das Wohnhaus am Notstromaggregat angeschlossen. Auch konnte er schon öfters mit seinem Zapfwellen-Generator aushelfen, zum Beispiel für den Betrieb elektrischer Anlagen bei Festanlässen im Freien. Mit dem mobilen Aggregat lassen sich auch Feldbewässerungen betreiben.

Der Generator hat den Landwirt etwa 8000 Franken gekostet, hinzu kamen etwa 3000 Franken für den fachgerechten, elektrischen Anschluss, also total 11 000 Franken. Das ist dem Landwirt die Sicherheit für Mensch und Tier Wert.

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«Lieber verzichte ich auf etwas anderes», ergänzt er. Um auch gegen länger dauernde Stromausfälle gewappnet zu sein, lagert er in einem Reservetank 300 Liter Diesel. Bei einem Dieselverbrauch des Traktors von 8 bis 11 Liter pro Stunde würde ihm dieser Vorrat etwa anderthalb Tage genügen.

Die Dieselpumpe zum Auffüllen des Traktortankes funktioniert, da sie auch am Notstrom angeschlossen ist. Sager ist überzeugt, dass er mit seinem Zapfwellen-Generator auf das richtige Pferd gesetzt hat. Seine 70 Braunvieh- und Holstein-Milchkühe mit einer durchschnittlichen Milchleistung von rund 10 000 kg werden auch einen länger dauernden Stromausfall schadlos überstehen.

Den passenden Generator wählen

Zapfwellen-Generatoren sollten immer danach ausgewählt werden, wofür sie verwendet werden, sagt Niklaus Bucher, Aussendienstmitarbeiter Region Ostschweiz von Aebi Suisse. Generatoren, die den Strom für Melkroboter, Ventilatoren oder Fütterungsanlagen produzieren, müssen konstant und zuverlässig arbeiten. Sie benötigen eine bessere Qualität als Generatoren, die gerade einmal eine Tauchschneidpumpe oder einen Winkelschleifer betreiben müssen.

Der Generator auf dem Betrieb Sager erbringt eine Leistung von 63 kVA. Mit 1500 Umdrehungen/Min. ist er ein «Langsamläufer» mit dem Vorteil von wenig Verschleiss und Langlebigkeit. Dank einer automatischen Voltregulierung sorgt er für eine stabile Spannung ähnlich wie das öffentliche Stromnetz. Das verhindert Über- und Unterspannungen, die zu Beschädigungen oder Kurzschlüssen der angeschlossenen Geräte führen können.

Das A&O bei der Verwendung eines Zapfwellen-Generators ist gemäss Bucher die regelmässige Inbetriebnahme. Mindestens einmal pro Jahr, um Standschäden zu vermeiden, aber auch dafür, um im Notfall richtig damit umzugehen. Dieselaggregate haben den Vorteil, dass sie Antriebsmotor und Stromgenerator elektronisch aufeinander abstimmen, erklärt Bucher. Sie halten so die Frequenz konstant bei 50 Hz.

Heutige Traktoren regeln die Drehzahl der Zapfwelle und damit die Frequenz allerdings gut genug. Bei Zuschalten von starken Verbrauchern sollte man den Antrieb nachjustieren. Dieselaggregate sind je nach Schalldämpfung drei bis vier Mal so teuer wie Zapfwellen-Generatoren, wartungsintensiv und benötigen viel Platz.

Kilovolt-Ampere kVA

Die Scheinleistung eines Generators wird in Kilovolt-Ampere (kVA) ausgedrückt. Sie wird berechnet, indem man die Wirkleistung in Kilowatt (kW) durch den Leistungsfaktor cos (Cosinus phi) dividiert. Der zulässige Leistungsfaktor ist auf dem Typenschild angegeben und beträgt in der Regel 0,8. Die Scheinleistung in kVA ist also etwas grösser als die Watt-Leistung. Die Scheinleistung steht dabei für die Spitzenleistungsfähigkeit des Stromerzeugers, sofern diese nicht durch den Blindwiderstand der Strom-Verbraucher beeinträchtigt wird.

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Solarstrom als Notstrom

Photovoltaik-Anlagen und Ihre Rentabilität hängen sehr stark mit dem Stromverbrauch eines Betriebs zusammen. Je höher der Eigenverbrauch, desto höher die Rentabilität, hält Sepp Dietsche, Photovoltaik-Berater bei Swiss Photovoltaik in Kriessern, fest. Bei landwirtschaftlichen Betrieben liege die Amortisationszeit fast immer unter 10 Jahren.

Da die Photovoltaik-Anlage aber nur dann Strom liefert, wenn die Sonne scheint, eignet sie sich nicht als Überbrückung eines Netzstromausfalles, der meistens in der Nacht (und bei Gewitter) geschieht. Eine Speicherung von Energie mittels leistungsstarker Akkumulatoren ist wegen der hohen Anschaffungskosten solcher Akkus zurzeit nicht rentabel.

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Betriebsspiegel Tobelackerhof

Adrian Sager, Buch bei Frauenfeld (Thurgau)

Betriebszweige: Gemischter Milchwirtschafts- und Ackerbau-betrieb mit Zuckerrüben, Raps, Weizen, Gerste, Silomais, Natur- und Kunstwiesen, Biodiversitäts-flächen, Holzrücken mit Pferden im Winter
Tierbestand: 70 Milchkühe, Eigen- und Vertragsaufzucht je zur Hälfte, zwei Pferde
Milchabnehmer: Züger Frischkäse AG
Arbeitskräfte: Das Ehepaar Sager, zwei Lehrlinge, Mithilfe der Eltern