Mit verschiedenen Mitteln kämpft der Organismus gegen Überhitzung. Ist die Wärmeeinwirkung allerdings zu gross, bricht das körpereigene Kühlsystem zusammen.
Mit den anhaltend hohen Sommertemperaturen nehmen auch die Warnungen vor hitzebedingten Gesundheitsproblemen zu. Dass diese gerechtfertigt sind, zeigen die Erfahrungen mit früheren Hitzewellen. So hat der Hitzesommer 2003 – das Bundesamt für Gesundheit spricht vom heissesten Sommer der letzten 500 Jahre – allein in der Schweiz zu knapp tausend vorzeitigen Todesfällen geführt, vor allem bei älteren Personen.
Was aber passiert im Körper bei stark erhöhten Umgebungstemperaturen, wie sie derzeit in Teilen Europas herrschen? Weil die Organe mit ihren komplexen biochemischen Prozessen bei 37 Grad Celsius am besten funktionieren, setzt der Körper alles daran, die Temperatur in seinem Inneren zwischen 36 und 38 Grad zu kontrollieren. Zur Regulierung dieser Kerntemperatur verfügt der Organismus über Sensoren, die auf der Haut und im Körperinnern laufend die Temperatur messen. Die Ergebnisse werden im Gehirn mit dem Sollwert abgeglichen. Droht eine Überhitzung, ergreift das oberste Schaltzentrum für Wärmeregulation Massnahmen zur Kühlung des Körpers.
Als Erstes wird das autonome Nervensystem angewiesen, die Durchblutung in der Haut zu erhöhen. Dazu werden die Blutgefässe erweitert. So lässt sich – über Strahlung, Wärmeleitung und Konvektion – rasch die Wärmeabgabe an die Umgebung steigern. Das geht aber nur so lange, wie die Umgebungstemperatur unter der Körpertemperatur liegt. Zudem geht die verstärkte Hautdurchblutung auf Kosten der Durchblutung der Organe. So fliesst bei Hitze weniger Blut durch den Darm, was zu Durchfall führen kann. Wenn auch die Skelettmuskeln weniger durchblutet werden, nimmt die körperliche Leistungsfähigkeit ab, und wir fühlen uns schneller erschöpft.
Reicht die Umverteilung der Durchblutung nicht aus, um den Körper genügend abzukühlen, wird der wirksamste Mechanismus zur Verhinderung einer Überhitzung eingeschaltet: das Schwitzen. Beim Verdunsten des Schweisses wird dem Körper Wärmeenergie entzogen, er kühlt sich also ab. Auch dieses System stösst allerdings irgendeinmal an Grenzen. So kann ein Erwachsener im Durchschnitt nur zwei Liter pro Stunde schwitzen. Bei einem trainierten Sportler oder einer an die Hitze adaptierten Person können es vier Liter sein. Die fehlende Gewöhnung oder Akklimatisierung ist ein wichtiger Grund, weshalb die erste Hitzewelle im Jahr die Bevölkerung meist besonders hart trifft.
Auch das Schwitzen ist leider nicht frei von Risiken. Denn mit dem Wasser gehen auch Salz (Natriumchlorid) und andere für die Körperfunktionen wichtige Mineralstoffe verloren. Diese Verluste müssen mit regelmässigem Trinken und der Nahrung ersetzt werden, andernfalls droht eine gefährliche Dehydrierung. Der Elektrolytmangel kann zudem schmerzhafte Muskelkrämpfe auslösen (Hitzekrampf). Auch hier haben Personen, die sich an die Wärme akklimatisiert haben, Vorteile: Ihr Schweiss enthält viel weniger Salz.
Zur Kühlung funktioniert das Schwitzen nur so lange, wie die relative Luftfeuchtigkeit unter 75 Prozent liegt. Bei höheren Werten kann der Schweiss auf der Haut nicht mehr verdunsten, was wir als sehr unangenehm wahrnehmen. Aus gutem Grund, denn bei schwüler Hitze droht ein Hitzestau im Körper. Für die gesundheitlichen Auswirkungen einer Hitzewelle spielt also nicht nur die Temperatur eine Rolle, sondern in hohem Masse auch die Luftfeuchtigkeit sowie die Strahlungswärme. Letzterer sind zum Beispiel Personen ausgesetzt, die an der prallen Sonne arbeiten.
Hält die direkte Sonneneinstrahlung länger an, werden bei fehlendem Kopfschutz die Hirnhaut und das Hirngewebe angegriffen. Dies wird als Sonnenstich bezeichnet. Die Betroffenen leiden typischerweise unter Schwindel, Kopfschmerzen und Übelkeit bis zum Erbrechen. In schweren Fällen kann es auch zu Störungen des Bewusstseins kommen. Die Kerntemperatur ist bei dieser rein thermischen Irritation des Gehirns nicht erhöht.
Ebenfalls nicht oder nur leicht erhöht ist die Kerntemperatur bei Personen, die einen Hitzekollaps erleiden. Dieser kann als fehlgeleitete Stressreaktion des Körpers verstanden werden. Wie bei einer grossen sportlichen Leistung geht die forcierte Kühlung mit einem erhöhten Sauerstoffbedarf in den Organen einher. Um diesen zu decken, muss das Herz-Kreislauf-System mehr leisten, was sich zum Beispiel in einem beschleunigten Puls äussert.
Das Herzrasen ist aber auch eine Reaktion auf die erweiterten peripheren Blutgefässe. Denn wenn das Blut in den Gefässen «versackt», bekommt das Herz weniger Blut angeboten, um es weiterzupumpen. Zur Kompensation schlägt das Herz einfach schneller. Reduziert sich in dieser angespannten Situation – wegen der Dehydration – auch noch das Plasmavolumen, kann der Blutdruck plötzlich stark abfallen. Bei prekärer Hirndurchblutung verliert die betroffene Person kurz das Bewusstsein.
Wird die Kapazität des körpereigenen Kühlungssystems definitiv überschritten, entwickelt sich ein Hitzschlag. Dabei steigt die Kerntemperatur auf über 40 Grad an. Die akute Überhitzung des Körpers kann das Hirn gefährlich anschwellen lassen. Ohne rasche medizinische Hilfe drohen eine bleibende Schädigung des Zentralnervensystems und der Tod.
Wie das Bundesamt für Bevölkerungsschutz in einer nationalen Gefährdungsanalyse von 2015 schreibt, ist schon in den ersten vier Tagen einer Hitzewelle mit vermehrten Fällen von Kreislaufkollaps und Hitzschlag zu rechnen. Besonders gefährdet sind dabei ältere Personen und Kleinkinder. Das hängt damit zusammen, dass bei Senioren die physiologischen Mechanismen zur Körperkühlung oft eingeschränkt und bei Neugeborenen und Babys noch nicht richtig ausgebildet sind. Ebenfalls erhöht ist das Risiko bei Personen mit tiefem Blutdruck und vorbestehenden Herz-, Lungen- oder Stoffwechselproblemen. Auch wassertreibende Medikamente, Betablocker und Psychopharmaka machen anfälliger für hitzebedingte Gesundheitsstörungen.
Damit wir eine Hitzewelle gut überstehen, ist es empfehlenswert, während dieser Tage das körpereigene Kühlsystem möglichst zu schonen. Das gelingt am besten, wenn wir die Hitze meiden und uns in kühlen Räumen aufhalten, schwere körperliche Anstrengung unterlassen und den durchs Schwitzen verursachten Flüssigkeits- und Elektrolytverlust zeitnah kompensieren. In Räumen mit hoher Luftfeuchtigkeit kann es sinnvoll sein, die Fenster zu öffnen und mit einem Ventilator für etwas Luftzug zu sorgen. Immer eine gute Lösung ist es, den Körper aktiv zu kühlen, mit einer kalten Dusche oder einem erfrischenden Bad im Fluss oder See.